Kevin Schott

Momente der Nähe

Kevin Schott schenkt einen Blick auf private Szenerien des Alltags, die mehr sind als nur flüchtige Momente. Höchst intim und ganz persönlich beschreiben sie doch unser aller Lebenswirklichkeit auf zutiefst berührende Weise.

von Felix Brosius, 01. April 2025
kevin-schott_general-tenderness
Kevin Schott: General Tenderness (2024), Öl auf Leinwand

Die Malereien der aktuellen Serie von Kevin Schott zeigen vermeintlich »kleine Szenen« aus einem privaten Alltag – eine Berührung, eine Umarmung, ein Freund, der Trost spendet, eine Person ruhend am Strand. Und dennoch sind die Szenen alles andere als banal. Auf unbestimmte Weise vermitteln sie eine tiefe Intimität, erlauben es dem Betrachter, ganz nahe an den Figuren zu sein. Die Stimmung ist oft ambivalent, vermittelt Geborgenheit und Weltschmerz, das Ankommen am Ende eines Weges oder den Aufbruch zu einer neuen Reise. Der 1991 in Osnabrück geborene Künstler lebt und arbeitet heute in Bochum. Seine künstlerischen Wurzeln liegen im Graffiti mit einem schnellen Malstil in urbaner Ästhetik, zwei Eigenschaften, die auch seine heutige Ölmalerei prägen.

kevin-schott_like-relaxation
Kevin Schott: Like Relaxation (2024), Öl auf Leinwand

Schott arbeitet oft in Serien, die es ihm ermöglichen, ein Thema umfassend zu bearbeiten, verschiedene Aspekte, Details, Varianten und Nuancen darzustellen. Prägnantes Merkmal seiner aktuellen Serie Enjoy the White sind die regelmäßig eingearbeiteten Negativräume, die die Wahrnehmung des Bildes maßgeblich mit bestimmen. Sie lenken den Fokus auf die für den künstlerischen Ausdruck relevantesten Bildelemente und bieten zugleich dem Betrachter einen Raum, die Leerstellen selbst zu füllen. Auch ohne Auslassungen werden Bilder von jedem Betrachter anders gelesen, bei Schott werden sie nun aber auch im geistigen Auge individuell ausgefüllt, ergänzt aus dem persönlichen Erfahrungsschatz zu einer Komposition mit Bezug zur eigenen Lebenswirklichkeit. Wer sich darauf einlässt, sollte sich des Risikos bewusst sein, denn die Bilder von Schott bergen die Gefahr, dass sie einen vollkommen unvermittelt auf einer tiefen, emotionalen Ebene berühren.

kevin-schott_secrets
Kevin Schott: Secrets (2024), Öl auf Leinwand

Die Leerstellen in den Bildern verstärken noch ein zweites Phänomen, das in allen Bildern der aktuellen Serie angelegt ist, denn sie betonen die Ambivalenz von Identitäten. Wir sind es im Alltag gewohnt, von dem Aussehen einer Person Rückschlüsse auf ihre Persönlichkeit, ihre Identität zu ziehen. In den Bildern von Schott beruht unser (Vor-)Urteil sogar nur auf wenigen Fragmenten einer Person, die wir zu einem Gesamtbild vervollständigen, ein lückenhafter Schnappschuss, zu dem wir uns selbst eine Geschichte erzählen in dem Bemühen, den Kontext zu deuten, die Gefühlslage der Figuren zu ergründen, um schließlich wohl doch eher einen verborgenen Aspekt von uns selbst zu erkennen.

kevin-schott_the-fading
Kevin Schott: The Fading (2024), Öl auf Leinwand
»Meine Motive sind von zufälligen Alltagsszenen beeinflusst, die stets ein deutlich wahrnehmbares Bedürfnis zum Ausdruck bringen.«
kevin-schott_time-to-leave
Kevin Schott: Time to Leave (2024), Öl auf Leinwand

Mehr über den Künstler: Artist Page von Kevin SchottArt.Salon

Dive deeper into the art world

Christian Boehmer

Die Figuren in den Malereien von Christian Boehmer sind expressiv und unverstellt, voller Präsenz und doch rätselhaft. Ihre Gesichter sind verhüllt, der Ausdruck der Körper umso lauter und doch auf viele Arten zu lesen. Eine prägnante Bildsprache, die man schnell wiedererkennt – auf Leinwänden, Cutouts und großformatigen Murals.

von Felix Brosius, 18. February 2025
Annabelle Moison

Die Arbeiten von Annabelle Moison erörtern tiefgründige Fragen zur Identität des Individuums in kollektiven Strukturen. Ihre Kunst ist eine Auseinandersetzung mit der Spannung zwischen Selbstbehauptung und Anonymität, zurückgeführt auf historische Ereignisse und aktuelle gesellschaftliche Debatten.

von Felix Brosius, 15. July 2025