Nicole Eisenman born 1965

Nicole Eisenman zählt zu den bedeutendsten figurativen Malerinnen der Gegenwart. Sie beschäftigt sich vorwiegend mit der menschlichen Existenz, die sie in emotionale wie cartooneske Figuren übersetzt und sie mit einer gehörigen Prise Humor ausstaffiert. Eisenman adaptiert den Malstil anerkannter Kollegen und karikiert ihr jeweiliges Weltbild, indem sie etwa bekannte Szenen Goyas oder Picassos ins Gegenteil verkehrt. Eisenman bedient sich aus persönlichem Anliegen queeren Motiven, die sie über intensive Farben zum Ausdruck bringt: Szenen von Fabelwesen, Menschenansammlungen, surrealen Kreaturen oder abstrakten Bildnissen, die menschliche Züge erahnen lassen, zeugen von Eisenmans wandelbarem Duktus. Sowohl ihren variablen Stil als auch ihre Technik erweckt sie in ihren Drucken, Gemälden, Zeichnungen und Mischtechniken wechselweise durch hohe Stofflichkeit, technische Präzision oder gar pastosen Farbauftrag zum Leben.

Weil Eisenman mittlerweile zu den gefragtesten zeitgenössischen Vertreterinnen der bildenden Kunst gehört, versteigern namhafte Auktionshäuser wie Phillips, Christie's oder Sotheby's dann und wann Werke der Künstlerin. Sammelnde, die an einem Eisenman-Werk interessiert sind, sollten regelmäßig nach Auktionen von »Contemporary Art« Ausschau halten. Gegebenenfalls kann es sich lohnen, sich Informationen über Verkäufe und Versteigerungen bei Eisenmans Galerie (Hauser & Wirth) zu erfragen.

Zu den bekanntesten Bildern von Nicole Eisenmann gehören The Drawing Class (2011), Cat Walking Under a Disambiguous Trash Cloud (2017), The Triumph of Poverty (2009) und Mermaid Catch (1996), das 2021 mit 862.500 GBP (983.561,95 EUR) bei Christie's in London einen Rekordpreis landete und die Schätzungen weit übertraf. Zu den bekanntesten Werken Eisenmans gehören aber nicht nur Bilder, auch eine Skulptur hat es 2021 in die Öffentlichkeit geschafft: Love or Generosity (2020), eine übergroße gebeugte Figur, steht seitdem vor dem neuen Amsterdamer Gerichtsgebäude.

The Triumph of Poverty ist ein großformatiges Gemälde von 2009, das drei Meter in der Breite misst. Eine zusammengewürfelte, verwahrloste Truppe Menschen marschiert zusammen mit einer einzelnen Autofahrerin durch das Blickfeld, allesamt mit hängendem Kopf und niedergeschlagenem Blick. Sie geben ein gruseliges Bild ab, erscheinen einige von ihnen beinahe wie Zombies. Die Frau am Steuer ist nackt und voller Flicken, ihr Gesicht ziert eine riesige rote Knollnase.

Ein Mann fällt vor er Gruppe sofort ins Auge: Er trägt einen Zylinder und einen Smoking, hat die Hose heruntergelassen. Sein Hinterteil befindet sich vorn – »ass-backwards«, wie man in amerikanischem Englisch sagen würde. Er hat eine Schnur um die linke Hand gewickelt, so wie man sich eine Leine von früher darstellt. An die Leine gebunden stolpert eine Menschentraube im Miniaturformat – es sind nicht etwa Unbekannte, sondern die Blinden aus dem Blindensturz (1568) von Peter Bruegel dem Älteren. Eisenmans Werk ist, wie viele ihrer Bilder, als Parodie der Alten Meister zu verstehen. Sie sucht sich selbstständig einen Platz im Old Boys’ Club, um ihn von innen heraus zu marodieren.