Künstler der Zukunft?

Beeples Aufstieg in den Kunstolymp

Beeple: Vor wenigen Jahren noch ein Webdesigner mit zwei Millionen Followern, der in seiner Freizeit digitale Kunstwerke erstellt. Seit 2021 ist er weltweit bekannt als drittteuerster lebender Künstler hinter Jeff Koons und David Hockney. Wie kam es zu diesem kometenhaften Aufstieg und welche Rolle spielen NFT für Beeple – und welche spielt er für NFTs?

von Marius Damrow, 17. October 2022

Beeple heißt bürgerlich Mike Winkelmann. Er wurde 1981 geboren und lebt ein von außen betrachtet durchschnittliches Leben in South Carolina, ist verheiratet und Vater zweier Kinder. Der studierte Informatiker arbeitete jedoch 14 Jahre an einem Projekt, das ihn weltberühmt machen sollte.

Noch lange bevor es NFTs gab, am 1. Mai 2007, begann Winkelmann seine Serie Everydays. Jeden Tag nahm er sich vor, ein digitales Kunstwerk zu schaffen, um seine Zeichenfähigkeiten am Computer zu verbessern. Er verwendete verschiedene Programme wie Adobe Illustrator und Cinema 4D. Inhaltlich setzt er sich ironisch mit aktueller US-Politik auseinander, verpflanzt Figuren aus Toy Story oder Winnie Puuh in dystopische Szenarien. Seine Fähigkeiten verbessern sich extrem, und als Beeple beginnt, in die NFT-Welt einzusteigen, stellt er sein Leben auf den Kopf.

Wie Magie – Beeple und NFTs

Beeple

Everydays: The First 5000 Days

Found at Christies, New York (Online Auction)
Beeple | The First 5000 Days, Lot 1
11. Mar - 11. Mar 2021
Estimate: -1 - -1 USD
Price realised: 69.346.250 USD
Details

Im Oktober 2020 erfährt Beeple von NFTs, die sich in dem Jahr prominenter als zuvor auf dem Kunstmarkt tummeln. Bedingt durch die Corona-Pandemie steigt die Nachfrage an digitaler Kunst enorm an. Nur zwei Monate später ist Beeple bereits Millionär. Auf der Plattform Nifty Gateways veröffentlicht er mehrere NFTs zum Verkauf, anfangs für einen US-Dollar pro Stück. Insgesamt bringt die Auktion dort 3,5 Millionen US-Dollar ein.

In der Szene war Beeple zuvor bekannt: Er kreierte unter anderem concert visuals für Eminem, Katy Perry, deadmau5 und verzeichnete zu dem Zeitpunkt fast zwei Millionen Instagram-Follower. So gelang es ihm, eine eher untypische Käuferschaft zur Auktion seiner NFTs zu transferieren.

Anders als bei klassischen Kunstgegenständen verliert ein NFT-Künstler nie vollständig das Recht auf Anteile. Etwa 10% des Preises verdienen Kunstschaffende bei jedem Wiederverkauf ihrer Werke. Sicherlich ist diese finanzielle Stabilität einer der Gründe, warum so viele Künstlerinnen und Künstler auf den Zug aufspringen.

Beeple erobert den Kunstmarkt

Die wahren Schlagzeilen aber kann man auf dem traditionsbewussten Kunstmarkt nur erreichen, indem man mit etablierten Institutionen zusammenarbeitet. Und diese können es sich nicht leisten, Phänomene wie NFTs, die 2020 das Gesprächsthema Nummer eins waren, zu ignorieren. Also organisierte Christie’s im März 2021 eine Auktion mit Beeples Everydays: The First 5000 Days, für das er ein NFT mit all seinen über 14 Jahre angefertigten Arbeiten machte.

Das Startgebot lag bei 100 US-Dollar und die Auktion, die nur dieses eine Werk beinhaltete, sollte zwei Wochen dauern. Es war das erste Mal, dass ein vollständig digitales Kunstwerk auktioniert wurde. 33 Bietende trieben den Preis in die Höhe, am Ende verkauft sich das Werk für 69,3 Millionen US-Dollar. Ein Meilenstein der jungen Kunstgeschichte. Beeple ist mit einem Mal der drittteuerste lebende Künstler der Welt und die NFT-Welle kommt jetzt richtig ins Rollen.

Beeple wiederholt den Erfolg

Beeple

HUMAN ONE

Found at Christies, New York
21st Century Evening Sale, Lot 7 A
9. Nov - 9. Nov 2021
Price realised: 28.985.000 USD
Details

Mit einem wegweisenden Werk beweist Beeple im November 2021, dass er kein One-Hit-Wonder ist. Seine kinetische Videoskulptur HUMAN ONE verkaufte sich bei einer Christie’s-Auktion für fast 29 Millionen US-Dollar. Der Schätzpreis lag bei 15 Millionen US-Dollar.

Mit dieser Arbeit kombinierte Beeple digitale und physische Kunst auf neue Art und Weise. Die zwei Meter hohe Skulptur besteht aus vier LED-Bildschirmen, die den Eindruck einer dreidimensionalen Umgebung erwecken. Ein Astronaut marschiert durch verschiedene Planetenoberflächen. Beeple selbst kann auf die Dateien, die den Astronauten erzeugen, zugreifen und sie verändern. Er entwickelt sein Werk ohne Zustimmung des Eigentümers auch nach dem Verkauf weiter – wenn er denn will. Beeple sieht in HUMAN ONE das dynamische Kunstwerk der Zukunft, das herkömmliche Gemälde und Skulpturen ablösen soll.

Um seinen Ruf zu festigen, probiert sich Beeple an neuen Wegen. Ein Jahr lang arbeitete Beeple mit der Sängerin Madonna an drei NFT-Videos, deren Verkaufserlös drei Nonprofit-Organisationen zukommen soll. Im Mai 2022 versteigert die Plattform SuperRare die Mother of Creation-Serie, die zusammen über 300.000 US-Dollar einbringt.

Aus dem Webdesigner ist ein weltberühmter Digitalkünstler geworden, der das Medium NFT befeuert und es zugleich schafft, sich unabhängig davon zu machen. Er verlässt sich nicht auf die NFT-Welle, sondern versucht sofort nach seinem Durchbruch, mit HUMAN ONE einen neuen Hype zu kreieren. Der Künstler beherrscht das Medium, nicht umgekehrt.Art.Salon

Beeple, Hexagonia, aus der Everydays-Serie, 25.6.2016
behance.net (licence), CC-BY 4.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=86039519
Beeple, Hexagonia from the Everydays-Series, 25.6.2016
Deep dive:

Dive deeper into the art world

Paris, Musée National Eugène-Delacroix eröffnet wieder

Eine Reise in die persönlichen Welten zweier berühmter Künstler: Das Musée National Eugène-Delacroix präsentiert Gegenstände aus dem Besitz von Jean-Auguste-Dominique Ingres und Eugène Delacroix, zwei konkurrierenden Kunststars des 19. Jahrhunderts. Ingres and Delacroix. Artists‘ Objects bietet ab dem 27. März in Paris Einblicke in ihre Schaffensprozesse.

27. March 2024
Musée d‘Orsay: 150. Jubiläum der ersten Impressionisten-Ausstellung

Diese Ausstellung ging in die Geschichte ein, sie gilt als Anfang der Modernen Kunst: Am 15. April 1874 fand in Paris die erste Ausstellung der Impressionisten statt. Das Musée d’Orsay in Paris würdigt dieses Ereignis mit einer großen Schau, die am 26. März beginnt.

26. March 2024