Eine lebenslange Inspiration

Als der 18-jährige Anselm Kiefer 1963 ein Stipendium gewann, entschied er sich, auf den Spuren Vincent van Goghs durch Holland, Belgien und Frankreich zu wandeln. Er fertigte zahlreiche Zeichnungen an und studierte besonders die Kompositionsstrukturen von van Goghs Landschaften. In seiner folgenden über 60 Jahre währenden Laufbahn fand Kiefer in van Goghs Werk immer wieder Inspiration: es prägte die Themen und Techniken von Kiefers monumentalen Gemälden und Skulpturen, die sich auf Geschichte, Mythologie, Literatur, Philosophie und Wissenschaft beziehen. Erstmals sind Arbeiten beider Künstler parallel in einer Ausstellung im Vereinigten Königreich zu sehen. Wichtiger Bestandteil sind jedoch auch die Unterschiede im Werk beider Künstler, die genauso wie Gemeinsamkeiten herausgestellt werden. Kiefer / Van Gogh ist vom 28. Juni bis zum 26. Oktober in der Royal Academy of Arts in London zu sehen.

Die Ausstellung entstand in Zusammenarbeit mit dem Van Gogh Museum in Amsterdam, von dem viele Werke geliehen wurden. Neben Highlights wie Kiefers monumentalen Werk Die Krähen (The Crows) (2019), in dem die Bewunderung des Künstlers für van Goghs kompositorische Mittel und gemeinsame Motive von Krähen und Weizenfeldern sowie eine Affinität zu malerischen Oberflächentexturen deutlich wird, sind auch die angesprochenen Zeichnungen zu sehen, die Kiefer während seines Stipendiums anfertigte, und aktuelle Arbeiten, die noch nie zuvor öffentlich gezeigt wurden. Kiefer, der unter anderem die bedeutenden Auszeichnungen Goslarer Kaiserring und Praemium Imperiale erhielt, zählt zu den wichtigsten Künstlern der Gegenwart. Er wird besonders für seine komplexe Auseinandersetzung mit der Zeit des Nationalsozialismus, für die er in den 1970ern auch vielfach kritisiert wurde, da eine Aufarbeitung nicht von allen Seiten gewünscht war, geschätzt.